Über den Fluss

Über den Fluss

Erzählung

Nachts, am Rand der Heimat - und darüber hinaus.

Das Gefühl, etwas zu verlassen, das du innig liebst. Der schwere Stein, der sich auf deine Brust legt, der dich erdrücken kann. Aber manchmal auch hilft, dich zu retten mit etwas Glück.

Die Geschichte (x)einer Flucht.

Probelesen:


Atemlos läuft er durch das Dunkel. Dennoch ist er so leise wie möglich. Er weiß, dass sie ihn suchen. Sicher sind sie ganz in der Nähe.

Schemenhaft nur erkennt er die vor ihm liegende Strecke. Deshalb stolpert er häufig. Seine nackten Beine sind schmutzig und zerkratzt. Die hohen Gräser ritzen bei jedem Schritt ins Fleisch. Die Schnitte sind nicht tief, doch irgendwann fängt es an zu brennen. Er möchte anhalten und den Schmerz mit Wasser löschen, doch dazu ist keine Zeit. Jetzt nicht. Nun hört er sie schon.

Er muss vor ihnen am Fluss sein. Erreicht er ihn, nutzt er seine letzte Chance. Sie kommen immer näher.

Als er den Fluss sieht, beschleunigt er. Das im Mondlicht glitzernde Wasser verleiht ihm neue Hoffnung. Hinter den letzten Büschen schwingt sich das Land seicht unter den Strom. Träge klatschen Wellen an die Böschung. Er springt auf das letzte sandige Stück Land. Kurz hält er inne, saugt die angenehm kalte Nachtluft ein. Der leichte Wind streicht um seinen schwitzenden Körper. Er blickt nicht zurück. Was hier war, hat er längst verlassen.

Vorsichtig taucht er seinen Fuß ins Wasser. Unter der glitzernden Oberfläche ist nur noch schwarzes Nass. Vorwärts. Der Grund wird immer tiefer. Jetzt kann er nicht mehr stehen. Leise beginnt er zu schwimmen, auf das andere Ufer zu. Er kommt gut voran. Wolken kommen ihm zu Hilfe, verbergen seinen Weg. Das Glitzern der Wogen nimmt ab. Er hört die Verfolger am Ufer halten.

Sein Herz macht einen kleinen Sprung. Die Etappe haben sie verloren! Er hat die Mitte des Stromes fast erreicht. Hierher dürfen sie ihm nicht folgen. Doch wer hält sie auf? Er zwingt sich, ruhig zu schwimmen, denn die Strömung ist stark. Langsam kriecht Kälte in seinen Körper. Die ungewohnte Anstrengung zehrt seine Kräfte auf. Sich auf den Rücken drehend, wagt er einen Blick zurück. Er erstarrt: Sie bereiten sich aufs Schwimmen vor!

...

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